Mittwoch, 24. Oktober 2018

Am Rande des Wahnsinns

Es ist erstaunlich wie viel Kraft unsere Gedanken besitzen. Unsere Gedanken haben uns vollkommen im Griff.

Knapp zwei Monate lang habe ich mich mit einem Engegefühl im Hals herum geplagt. Sobald ich morgens im Bett die Augen aufgemacht habe, spürte ich diese Enge. Das Drücken im Hals. Tagsüber war das Gefühl mal mehr und mal weniger präsent. Am Abend, wenn ich einfach nur entspannen wollte, schreit mein Hals erneut. Das Gefühl nicht richtig schlucken zu können und einen dicken Kloß im Hals zu haben war immer da.

Natürlich habe ich ein wenig gegoogelt (was man ja eigentlich nicht tun sollte) und natürlich habe ich die ein oder anderen Hinweise gefunden. Vor allem aber habe ich von dem sogenannten "Globusgefühl" gelesen, was genau meine Symptomatik beschreibt. Aber auch habe ich gelesen, dass dieses Gefühl oft psychosomatisch ist und es nicht immer eine körperliche Ursache gibt. Aber natürlich kann das Problem sehr wohl körperlicher Natur sein. Vor allem, wenn ich an meine Schilddrüse und deren Knoten denke. Oder wenn ich an meine zurück liegende Non-Hodgkin-Erkrankung denke.

Kurz gesagt: ich habe mich wirklich verrückt gemacht! Ständig habe ich meinen Hals abgetastet und empfunden, dass er ganz dick und geschwollen ist. Dass ich Knubbel spüre. Dass ich Schmerzen habe. Es ging mir wirklich von Woche zu Woche schlechter. Meine Gedanken haben sich permanent um dieses Gefühl gedreht.

Auch, wenn ich es die letzten Monate immer gut geschafft habe, meine negativen Gedanken rund um irgendwelche Symptomatiken wahrzunehmen, aber dann auch weiter ziehen zu lassen, so ist es mir dieses Mal einfach nicht gelungen. Ich habe nach langem Grübeln also doch meinen Hausarzt aufgesucht. Ehrlich gesagt habe ich es mir mit der Entscheidung nicht leicht getan, da ich tief im Inneren wusste, dass alles in Ordnung ist. Dass "nur" meine Gedanken verrückt spielen. Aber ich sah keinen Ausweg. Ich kam mir so blöd vor.

Mein Hausarzt hat im Rahmen meiner vierteljährlichen Kontrolle dann ein großes Blutbild gemacht und dieses für gut befunden. Meine Beschwerden hat er sofort als psychosomatisch beschrieben und mich wieder nach Hause geschickt.

Okay. Das Blutbild ist in Ordnung. Das ist wichtig. Das ist beruhigend. Aber dennoch blieb das Globusgefühl. Es wurde sogar schlimmer statt besser, sodass ich zwei Wochen später erneut meinen Hausarzt aufgesucht habe. Dieser hat mich zunächst verständnislos angesehen und ich habe ihm gesagt, dass ich mir sicher bin, dass es psychischer Natur ist, dass es mir aber dennoch schlecht damit geht und ich nicht weiter weiß. Ich bin wirklich bei ihm in Tränen ausgebrochen, habe richtig geschluchzt. Ich wusste einfach nicht weiter. Mein Arzt hat sich dann auch wirklich viel Zeit für mich genommen und lange mit mir gesprochen. Zu Guter letzt hat er mir eine Überweisung für die Radiologie und ein neues Rezept für Psychotherapie gegeben.

Nach dem Arztbesuch war ich zum einen deutlich befreiter, weil ich den Tränen freien Lauf gelassen habe und mein Arzt mit seinen Worten auch wirklich ins Schwarze getroffen hat, aber zum anderen war ich auch unglaublich verwirrt. Das MRT vom Hals hat mein Arzt mir zwar in erster Linie verschrieben, um mich zu beruhigen. Um mir zu zeigen, dass alles gut ist. Aber auch mit den Worten "sicher, ist sicher... der Teufel ist manchmal ein Eichhörnchen". Möchte ich zukünftig wirklich für jedes Zimperlein ins MRT gehen, nur damit ich beruhigt bin? Das kann doch nicht meine Zukunft sein? Aber andererseits möchte ich mir auch keine Vorwürfe machen, dass ich nicht auf meinen Körper gehört habe und am Ende doch ein körperliches Problem habe.

Nach langem Hin und Her habe ich mich dann ans Telefon gesetzt und versucht einen MRT-Termin zu bekommen. Guter Scherz! Die frühsten Termine wären fünf Monate später frei gewesen und bis dahin wäre ich vermutlich komplett durchgedreht. Das hat mich erneut an den Rande der Verzweiflung getrieben und letztendlich bin ich nur über eine Bekannte, die in einer Klinik arbeitet, an einen Termin in der darauffolgenden Woche gekommen. Davon werde ich in meinem nächsten Beitrag berichten...

Abschließend möchte ich hierzu aber noch sagen, dass ich mich schrecklich hilflos gefühlt habe. Ich war in dem Glauben, in der Hoffnung, dass alles gut ist. Dass ich nur wieder eine negative Gedankenphase habe. Aber andererseits war ich voller Angst. Habe ich ein Rezidiv? Habe ich vielleicht ein Schilddrüsenkarzinom? Habe ich vielleicht Knoten und Zysten, die gewachsen sind und operativ entfernt werden müssen? Und das schlimmste war, dass einige aus meinem Umfeld mich direkt skeptisch anschauen. Es wird zwar Verständnis geheuchelt und direkt darauf folgt die Frage "Oder bildest du dir das vielleicht nur ein?" Vielen Dank auch!!

Es ist nicht schön so etwas hören zu müssen, weil es mich sehr verletzt und zugleich auch noch mehr verunsichert hat. Umso wertvoller ist auch in dieser Situation wieder mein Mann, der mich immer wieder in den Arm nimmt und bei mir ist. Der mich versteht und immer für mich da ist.




Keine Kommentare: