Samstag, 5. März 2016

Oben ohne... die Zeit ohne Haare

Oft verbinden viele mit einer Chemotherapie als erstes den Verlust der Haare. Kaufe ich mir eine Perücke? Trage ich Mützen oder Kopftücher? Wie fühlt es sich wohl an, wenn ich keine Haare mehr habe? Was werden anderen denken, wenn sie mich so sehen? All das sind Gedanken, die einem beim Verlust der Haare in den Sinn kommen.

Als ich am 12. Tag nach der ersten Chemo morgens im Bad einige Haare in den Händen hielt, zog es mir kurz den Boden unter den Füßen weg. Ich setzte mich auf den Badewannenrand und fing an zu schluchzen. Es war weniger die Trauer um den Verlust meiner Haare, als vielmehr die Tatsache, dass ich ab dem Moment, wo ich keine Haare mehr habe, von anderen als krebskrank gesehen werde.

Mein Entschluss stand jedoch ganz schnell fest. Ich wollte nicht tage- und wochenlang zusehen wie meine Haare weniger werden. Ich wollte nicht überall meine langen Haare herum liegen haben. Das alles würde es nur schlimmer machen. Daher griff ich direkt zum Telefon und vereinbarte einen Termin beim Friseur. 

Zwei Tage später sind mein Freund und ich dann zum Friseur. Ich war relativ ruhig und habe noch ein letztes Mal mein altes Ich im Spiegel begutachtet. Die Friseurin bot mir an, dass ich mich dabei umdrehe und nicht in den Spiegel schaue, aber das wollte ich nicht. Ich schloss zwar meine Augen, als sie den Rasierer das erste Mal ansetzte, aber dann schaute ich zu. Strähne für Strähne fielen meine Haare zu Boden. Und Strähne für Strähne kam mein Kopf mehr zum Vorschein. Nachdem mein Kopf kahl bzw. stoppelig war, blickte mir mein neues Ich entgegen. Sehr ungewohnt, aber garnicht mal so übel. 

Ich zog mir mein neues Chemo-Mützchen auf und verließ den Salon mit nur einer Strähne als Andenken in der Tasche. Irgendwie war ich erleichtert, dass ich diesen Schritt nun hinter mir hatte. Und von da an lernte ich auch die Vorteile einer Glatze kennen: man muss sie nämlich weder föhnen, noch kämmen oder täglich waschen. Eigentlich recht praktisch.

Eine Perücke hatte ich mir, bevor meine Haare ausgefallen sind, bereits ausgesucht, aber ich habe sie nicht getragen. Ich fühlte mich verkleidet. Ich legte mir eine erstaunliche Sammlung an Mützen und Tüchern zu. Ich kaufte fleißig ein, häkelte aber auch viele tolle Mützen selbst. Jeden Tag trug ich die passende Mützen zum restlichen Outfit. Ich habe mich wirklich sehr schnell an meine neue Kopfbedeckung gewöhnt und fand es auch nicht schlimm. Im Gegenteil: Eine Mütze kann richtig chic sein. Zu Hause lief ich dann auch oft oben ohne rum, wobei es schon recht kühl war, muss ich sagen.

Meine Wimpern und Augenbraue begannen erst nach Abschluss meiner Chemo nach und nach auszufallen. Ca. 3 Monate nach der ersten Chemo war dann auch wirklich die letzte Wimper weg und auch das letzte Haar der Augenbraue habe ich weggezupft. Das sah dann schon irgendwie seltsam aus so ganz ohne Haare im Gesicht. Allerdings muss ich sagen, dass die Wimpern und Augenbraue innerhalb weniger Tage wieder zu wachsen begannen und ganz schnell wieder da waren. Heute sind sie dichter als zuvor. Richtig schön.

Obwohl die Zeit ohne Haare für mich weniger schlimm war, so war ich natürlich sehr froh, als meine Haare langsam wieder zu wachsen begannen...



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